Discussion:
Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis
(zu alt für eine Antwort)
Dominik Pusch
2003-10-30 21:41:21 UTC
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X-No-Archive: Yes

"Alles Vergängliche
Ist nur ein Gleichnis;
Das Unzulängliche,
Hier wird's Ereignis;
Das Unbeschreibliche,
Hier ist's getan;
Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan."

Was das soll das bedeuten? Habe lange drueber nachgedacht und sehe
keinen Sinn darin.

Schon der erste Satz ist mir verschlossen:
"Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis"

Wie ist das zu verstehen? Was ist mit Gleichnis gemeint? Ich kenne als
Gleichnis nur diese Kurzgeschichten (insbesondere aus der Bibel), wo
zwei scheinbar total fremde Dinge miteinander verglichen werden, die
in einem Punkt dann eine Gemeinsamkeit haben, welche dann natuerlich
besonders hervorsticht.
Aber hier ist mit Gleichnis wohl was anderes gemeint? Die Aussage mach
so doch keinen Sinn?


TIA,
Dominik
Matthias Kranz
2003-10-31 13:48:44 UTC
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Post by Dominik Pusch
"Alles Vergängliche
Ist nur ein Gleichnis;
Das Unzulängliche,
Hier wird's Ereignis;
Das Unbeschreibliche,
Hier ist's getan;
Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan."
Was das soll das bedeuten? Habe lange drueber nachgedacht und sehe
keinen Sinn darin.
"Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis"
Den "Faust II" ohne eine Einführung und
einen Kommentar zu lesen, wie du es anscheinend
gemacht hast, halte ich für sehr gewagt und
im Grunde abenteuerlich: Gerade bei diesem
mythos- und philosophie-gesättigten Werk
wird dir ohne fortlaufende Erklärung vieles,
wenn nicht das meiste, unklar bleiben oder sogar
"unsinnig" vorkommen. Aber ehe du zu einem solchen
Urteil kommst - was ja durchaus legitim
sein kann

http://projekt.gutenberg.de/vischer/faust3/faust3.htm

http://gutenberg.spiegel.de/vischer/faust3/fst33b.htm
(Friedrich Theodor Vischers Meinung zum "Faust"
in seiner "Chorus-mysticus"-Parodie am Ende der Seite)

hier doch ein paar Andeutungen, wie der rätselhafte
"Chorus mysticus" - bei dem übrigens bei unserem
Dichterfürsten ganz zum Schluss noch einmal der
Frankfurter durchscheint, der ganz unbefangen "Ereischnis -
Gleischnis" reimt - wie der Schluss-Chor also zu verstehen
sein könnte:

"Die vier Sätze sind vier Aussagen über das Unten
und Oben, das Irdische und Überirdische, das
Menschliche und Göttliche. Es wird verkündet:

1. Alles auf Erden ist vergänglich. Unter diesem
Zeichen lebt der Mensch sein einziges, für ihn
alles bedeutendes Leben. Aber dies ist nur ein
Gleichnis von etwas Höherem, ein Schein der
Wahrheit, ein Abglanz des Ewigen, wie Faust
selbst erkannte [...] ohne sich dessen bewußt
zu bleiben. Goethe hat immer wieder bekannt,
daß das Wahre mit dem Göttlichen und Ewigen
identisch ist und daß wir es 'nur im Abglanz, im
Beispiel, Symbol' schauen [...] und daß es
'uns im Erdenleben als Bild und Gleichnis des
Unvergänglichen vorschwebt'. [...]"

Das geht dann noch seitenlang so weiter,
insbesondere das "Ewig-Weibliche" bietet
natürlich Stoff für endlose Interpretationen;
der zitierte Kommentator ist der Auffassung, es sei
"nun aber nicht einfach mit der Liebe gleichzusetzen,
es ist vielmehr das Ewige oder Göttliche, das sich
im Weiblichen offenbart: zunächst die Anziehungskraft,
welche die ganze Natur durchwaltet und sie erst zu einem
lebendigen Ganzen macht." - dazu kommt dann noch eine
gehörige Portion Mutter- bzw. Marien-Verehrung, so dass
das berühmteste deutsche Drama fast schon gut
mystisch-katholisch endet - aber das kannst du alles
selber nachlesen, und zwar in folgendem Werk:

Arens, Hans:
Kommentar zu Goethes Faust II. - Heidelberg, 1989.
- 1083 S.
(Beiträge zur neueren Literaturgeschichte ; Folge 3,
Bd. 86)
ISBN 3-533-04093-3

aus dem auch die obigen Zitate stammen (S. 1049 - 1052).

Es grüßt:
M. Kranz
Flups Baumann
2003-11-03 13:30:41 UTC
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Post by Matthias Kranz
Den "Faust II" ohne eine Einführung und
einen Kommentar zu lesen, wie du es anscheinend
gemacht hast, halte ich für sehr gewagt und
Aber ganz im Gegenteil!

Flups

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